Ausstellungen
SONDERAUSSTELLUNG IM KUPPELSAAL
„Werden – Vergehen – Werden“ – Stephan Schenk im Dialog mit Giovanni Segantini
Die Gegenüberstellung von Giovanni Segantinis Alpentriptychon und dem zweiteiligen Werk „Werden Vergehen“ (2016) des zeitgenössischen Künstlers Stephan Schenk hat die BesucherInnen im vergangenen Sommer so begeistert, dass wir beschlossen haben, diese Installation im Kuppelsaal auch während des Winters zu zeigen.
Schenks Werk „Werden Vergehen“ basiert auf zwei Fotografien, die Pfingstrosen einmal als Knospen, einmal im bereits verwelkten Zustand zeigen. Die Thematik des Transitorischen ist also für ihn, wie für Segantini, zentral. Beide betrachten es in seiner doppelten und nur scheinbar widersprüchlichen, negativen wie positiven Valenz: als Vergänglichkeit, Hinfälligkeit alles Seienden, aber auch als sich immer erneuernden Fluss des Lebendigen, der nicht versiegen kann. So folgt zwar allem Werden und Sein ein Vergehen, dieses ist aber Endpunkt und zugleich Beginn eines neuen Werdens: «Das sich in der Natur alljährlich wiederholende Aufblühen und Verwelken», so Schenk über sein Diptychon, «kann uns wohlwollend gegenüber der eigenen Vergänglichkeit stimmen. Und doch wird der Weg von der Knospe zur verwelkenden Blüte, ähnlich dem von der Geburt zum Alter, auch als steter Abschied von einer paradiesischen Vorstellung erlebt.»
Im Werk «Werden Vergehen» setzt Stephan Schenk seine Pfingstrosen-Fotografien in grossformatige, raffinierte Tapisserien um. Ein Grund für diese Entscheidung ist der Wunsch, dem Zweidimensionalen des fotografischen Mediums dreidimensionale Plastizität und haptischen Charakter zu verleihen. Darüber hinaus möchte er dadurch die Betrachtenden zu einer Reflexion über das Verhältnis von Nähe und Distanz einladen. Je näher man nämlich an die Tapisserien herankommt, um die Details zu betrachten, umso mehr löst sich das Blumenbild in die verwobenen Fäden auf. «Man verliert das grosse Ganze aus den Augen, wenn man sich zu sehr auf die Details einlässt», so Schenk.
Genau das Gleiche passiert bei der Betrachtung von Segantinis divisionistischen Werken, die aus gleichmässig schmalen und doch pastosen, langgezogenen Farblagen «gewoben» sind: Gehen wir zu nahe heran, dann zerfallen die Landschaften und Figuren in eine Vielheit von Strichen, die Synthese der Farbkompositionen löst sich in ein abstraktes Geflecht von grundfarbenen Fäden auf. Dadurch wird uns der nur vordergründig mimetische Charakter von Segantinis reifer Kunst auf einem Schlag bewusst.