Kabinett-Ausstellung:

Segan­ti­ni. All’ovileGene­se eines Meisterwerkes

Auf­grund des gros­sen Inter­es­ses ist die Son­der­aus­stel­lung auch in der Win­ter­sai­son zu sehen (10. Dezem­ber 2022 – 20. April 2023). Son­der­füh­run­gen mit Kon­ser­va­to­rin Dr. Mirel­la Car­bo­ne an den Sonn­ta­gen 22. Janu­ar, 19. Febru­ar, 12. März, 2. April, jeweils um 17.00 Uhr

 

Kura­tiert von Annie-Pau­le Quin­sac, Exper­tin der Kunst Segan­ti­nis und des ita­lie­ni­schen Divi­sio­nis­mus, und von Mirel­la Car­bo­ne, künst­le­ri­scher Lei­te­rin des Segan­ti­ni Muse­ums, und unter Mit­wir­kung der Gal­le­rie Maspes in Mai­land, wid­met sich eine Kabi­nett-Aus­stel­lung dem Gemäl­de All’o­vi­le, einem Meis­ter­werk aus dem Jahr 1892.  

Das Bild ist Teil eines Zyklus‘ von drei Wer­ken, die sich mit der Wir­kung des Later­nen­lichts in einem geschlos­se­nen, dunk­len Raum beschäf­ti­gen. Die drei Gemäl­de füh­ren in einer moder­nen, expe­ri­men­tel­len Spra­che die Tra­di­ti­on der Lumi­nis­ten des 17. Jahr­hun­derts wei­ter, mit der Segan­ti­ni ver­traut war. Das ers­te Werk, das monu­men­tals­te, Le due madri. Stu­dio di lan­ter­na (1889), befin­det sich in der Civi­ca Gal­le­ria d’Ar­te Moder­na in Mai­land; das zwei­te, All’­ar­co­la­io (1891), ist in der Natio­nal Gal­le­ry in Ade­lai­de, Aus­tra­li­en, aus­ge­stellt. Alle drei Wer­ke sind von höchs­ter Qua­li­tät, aber die magi­sche Wir­kung des Lichts, das der Sze­ne Tran­szen­denz ver­leiht, ist in All’o­vi­le beson­ders spür­bar, gera­de wegen des inti­me­ren Cha­rak­ters die­ses Bil­des. Was die Tech­nik des Divi­sio­nis­mus betrifft, so geht Segan­ti­ni hier über die sug­ges­ti­ve Wie­der­ga­be des Lichts durch neben­ein­an­der gesetz­te Stri­che in rei­nen Far­ben hin­aus. Die Ver­wen­dung von Gold in Form von Pul­ver und Par­ti­keln, die in das fri­sche Farb-Impas­to ein­ge­ar­bei­tet sind, ermög­licht es dem Künst­ler, die Vibra­tio­nen des Lichts mit einem sug­ges­ti­ven Schim­mer zu akzen­tu­ie­ren. Wie immer ist sei­ne Fähig­keit beein­dru­ckend, die Kör­per­lich­keit der Din­ge zu sug­ge­rie­ren: vom Vlies der Scha­fe über den Stoff des Klei­des der Frau und ihr Gesicht bis hin zum Holz der Krip­pe, das sich von dem der Wie­ge unter­schei­det, wird alles leben­dig. 

In der Aus­stel­lung wird das Gemäl­de von einer Rei­he von Foto­gra­fien flan­kiert, die sowohl aus che­mi­schen Ana­ly­sen von Mikro-Farb­pro­ben als auch aus nicht-inva­si­ven foto­gra­fi­schen und spek­tro­gra­phi­schen Unter­su­chun­gen stam­men, die die Wis­sen­schaft­ler Davi­de Bus­so­la­ri und Ste­fa­no Vol­pin durch­ge­führt haben. Die­se Ver­grös­se­run­gen ermög­li­chen es dem Besu­cher, den lang­sa­men Schaf­fens­pro­zess des Künst­lers bes­ser zu ver­ste­hen und das Uner­war­te­te zu ent­de­cken, d. h. die Exis­tenz eines frü­he­ren Bil­des, das Segan­ti­ni spä­ter mit All‘ovile über­mal­te. 

 Dass das Motiv des Later­nen­lichts in einem Innen­raum mit sei­nen sym­bo­li­schen Qua­li­tä­ten den Künst­ler nach­hal­tig fas­zi­nier­te und inspi­rier­te, zei­gen wei­te­re Wer­ke, die in die­sem Som­mer im  Segan­ti­ni Muse­um zu sehen sind, wie die Zeich­nun­gen I miei model­li (1890) und All’­ar­co­la­io (1891–93). Die­ser Werk­grup­pe wer­den in der Aus­stel­lung zwei Meis­ter­wer­ke aus der Samm­lung der Otto Fisch­ba­cher Gio­van­ni Segan­ti­ni Stif­tung gegen­über­ge­stellt, die dem Muse­um als Leih­ga­ben zur Ver­fü­gung ste­hen: ein Gemäl­de und eine Zeich­nung, bei­de mit dem Titel Ritor­no all‘ovile. Ist das Licht der Later­ne im Inne­ren des Stalls ein Sym­bol für Wär­me, Gebor­gen­heit und eine – wenn auch nur vor­über­ge­hen­de – Befrei­ung von den Mühen des Hir­ten­all­tags, so zeigt das Gemäl­de Ritor­no all‘ovile von 1888 ein Draus­sen, das vom kal­ten, unwirt­li­chen Licht der Herbst­däm­me­rung beherrscht wird. Die Atmo­sphä­re von Trau­rig­keit und Resi­gna­ti­on, die durch die gebück­te Hal­tung der von der Arbeit zurück­keh­ren­den, müden Hir­tin noch ver­stärkt wird, ist jedoch durch ein Detail gemil­dert: den hell erleuch­te­ten Ein­gang zum Stall, der Schutz und Wär­me ver­spricht. In der spä­te­ren Zeich­nung Ritor­no all‘ovile von 1891–92 ist das glei­che Motiv in sym­bo­lisch akzen­tu­ier­ter Form dargestellt.

 

Eintritt+Führung CHF 25.–

Teil­neh­mer­zahl beschränkt.

Anmel­dung unter: info@segantini-museum.ch, Tel. 081 833 44 54.

Archivio Gallerie Maspes
Ritorno allovile