Die Por­träts von Lui­sa Tor­el­li Taglia­bue und Lui­sa Vio­li­ni Tacchi

Zwei Meis­ter­wer­ke Segan­ti­nis im Dialog

23. Juni – 20. Okto­ber 2023, Ver­nis­sa­ge: 30. Juni, 17.30 Uhr 
Kura­tiert von Dr. Nic­colò D’Agati

 

Bild­nis von Frau Torelli

Ende 2022 gelang der Gott­fried Kel­ler Stif­tung und der Gio­van­ni Segan­ti­ni Stif­tung mit Hil­fe gross­zü­gi­ger Spon­so­ren der Erwerb des Ritrat­to del­la Signo­ra Tor­el­li (Bild­nis von Frau Tor­el­li, 1880), eines Wer­kes, das inner­halb der Por­trät­kunst Segan­ti­nis auf­grund des raf­fi­nier­ten syn­the­ti­schen Mal­stils sowie der chro­ma­ti­schen und licht­tech­ni­schen Kühn­hei­ten eine ganz beson­de­re Stel­lung ein­nimmt. Die Gio­van­ni Segan­ti­ni Stif­tung möch­te die­se bedeu­ten­de Erwei­te­rung des muse­ums­ei­ge­nen Bestan­des mit einer klei­nen Aus­stel­lung feiern.

Dank neu ent­deck­ter Doku­men­te konn­te der ita­lie­ni­sche Kunst­his­to­ri­ker und Kura­tor Nic­colò d‘Agati bele­gen, dass das bis­her auf die Jah­re 1885–1886 datier­te Bild­nis von Frau Tor­el­li tat­säch­lich bereits 1880 ent­stan­den ist. Gio­van­ni Segan­ti­ni war erst 22 Jah­re alt. Bei der Por­trä­tier­ten han­delt es sich um Lui­sa Taglia­bue Tor­el­li, berühm­tes Modell bedeu­ten­der lom­bar­di­scher Künst­ler wie Tran­quil­lo Cre­mo­na, Danie­le Ran­zo­ni, Emi­lio Lon­go­ni und Anto­nio Mancini.

Das Gemäl­de befand sich seit 1900 im Besitz der­sel­ben deutsch-jüdi­schen Fami­lie, die es 1938 mit ins Exil in die USA nahm. Nun, nach 85 Jah­ren, kehrt es end­lich nach Euro­pa zurück und kann dau­er­haft dem Publi­kum zugäng­lich gemacht wer­den. Die von Nic­colò d’Agati kura­tier­te Son­der­aus­stel­lung bringt das Bild­nis von Frau Tor­el­li ins Gespräch mit dem von Segan­ti­ni im sel­ben Jahr ent­stan­de­nen Bild­nis von Lui­sa Vio­li­ni Tac­chi.

Bild­nis von Lui­sa Vio­li­ni Tacchi

Die bei­den Por­träts wur­den 1880 zusam­men in der Jah­res­aus­stel­lung der Acca­de­mia Bre­ra prä­sen­tiert, die für den jun­gen Segan­ti­ni das Debüt in der Mai­län­der Kunst­sze­ne bedeu­te­te. Die Wer­ke stel­len zwei unter­schied­li­che, aber kom­ple­men­tä­re For­men des Umgangs mit dem Gen­re des Por­träts dar: Das rät­sel­haf­te Bild von Lui­sa Vio­li­ni Tac­chi – bekannt auch als Bild­nis einer kran­ken Frau – greift inti­mis­ti­sche und psy­cho­lo­gi­sche Anre­gun­gen auf, indem es den Blick der Dar­ge­stell­ten in den Mit­tel­punkt stellt. Statt­des­sen setzt sich das Por­trät von Frau Tor­el­li, auch bekannt unter dem Titel Al sole (In der Son­ne), durch die Wahl des Schau­plat­zes im Frei­en, am Naviglio-Kanal, von der gän­gi­gen Por­trät-Iko­no­gra­phie ab und belegt Segan­ti­nis Mut zu kolo­ris­ti­schen Expe­ri­men­ten, der sich in der Suche nach gewag­ten Licht- und Hell-Dun­kel-Effek­ten im Spiel des Gegen­lichts mani­fes­tiert. Neben den Por­träts und der im sel­ben Jahr ent­stan­de­nen Stadt­sze­ne Il Naviglio a pon­te San Mar­co zeigt die Aus­stel­lung doku­men­ta­ri­sches Mate­ri­al zu den bei­den Por­träts sowie zur Geschich­te der dar­ge­stell­ten Personen.