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Früh­mes­se, 1885
Öl auf Lein­wand, 108 x 211 cm

Depo­si­tum der Otto Fisch­ba­cher Gio­van­ni Segan­ti­ni Stiftung

Haupt­mo­tiv ist die mäch­ti­ge Barock­trep­pe der Kir­che von Ved­ug­gio in der Nähe von Pusia­no. Die aus­ge­tre­te­nen und ver­wit­ter­ten Stu­fen füh­ren direkt zur obers­ten Trep­pen­kan­te, der Über­gang zum Mor­gen­him­mel erscheint aus­ge­spro­chen abrupt. Allein der Pries­ter, der gedan­ken­ver­lo­ren die Stu­fen hoch­steigt, ragt über den Hori­zont und ver­bin­det so das Irdi­sche und das Über­ir­di­sche. Die Trep­pe wird zum Sym­bol für den Lebens­weg. Der fah­le Mond steht für die ewi­ge Wie­der­kehr von Tag und Nacht.

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Rück­kehr vom Wald, 1890
Öl auf Lein­wand, 64 x 95.4 cm
Depo­si­tum der Otto Fisch­ba­cher Gio­van­ni Segan­ti­ni Stiftung

Die Däm­mer­stim­mung, das Weiss des Schnees und der mat­te Him­mel beschwö­ren einen bit­ter­kal­ten Win­ter­abend. Eine Bäue­rin zieht einen schwer mit Holz bela­de­nen Schlit­ten zum Dorf. Ver­sinn­bild­licht wird die ärm­li­che Exis­tenz der Berg­bau­ern wäh­rend der ent­beh­rungs­rei­chen Win­ter­zeit. Das Bild ist eine Alle­go­rie für Leben und Tod, für den Kreis­lauf der Natur. Die Wur­zel­stö­cke könn­ten sym­bo­lisch auf den Beginn des Lebens ver­wei­sen, das in der Erde ent­steht, der schwe­re Schnee auf den Tod, der gespur­te Weg auf den Lebens­weg und der Kirch­turm, der mit sei­ner Spit­ze in den Him­mel ragt, auf die Ver­bin­dung zwi­schen Irdi­schem und Überirdischem.

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Die Heu­ern­te
Öl auf Lein­wand, 137 x 149 cm
Depo­si­tum der Gemein­de St. Moritz,
Ver­mächt­nis Adolf Ben­sin­ger, Mann­heim, 1939

Das Bild ent­stand 1888 in Savo­gnin. Zehn Jah­re spä­ter füg­te Segan­ti­ni in Soglio oben ein Stück Lein­wand an, so dass das Bild zum Qua­drat wur­de. Zwi­schen Wie­se und Him­mel wur­de das blaue Band der Ber­ge ein­ge­fügt, so dass nun die Gip­fel bei Soglio hin­ter einer Savo­gni­ner Wie­se auf­ra­gen. Der Him­mel erhält dadurch viel mehr Raum: Die dunk­len Wol­ken und der leuch­ten­de Strah­len­bo­gen der unter­ge­gan­ge­nen Son­ne haben sym­bo­lis­ti­sche Bedeu­tung. Das Tun der Men­schen voll­zieht sich unter einem Him­mel, der Ver­heis­sungs­vol­les aber auch Bedroh­li­ches birgt. Der Mensch ist sowohl guten wie bösen Mäch­ten ausgeliefert.

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Ave Maria bei der Über­fahrt, 1886
Öl auf Lein­wand, 121 x 92 cm
Depo­si­tum der Otto Fisch­ba­cher Gio­van­ni Segan­ti­ni Stiftung

Bild­the­ma ist das Ave Maria, das seit dem Mit­tel­al­ter volks­tüm­lichs­te Mari­en­ge­bet und Aus­druck tie­fer katho­li­scher Gläu­big­keit. Das Ange­lus­läu­ten rief die Gläu­bi­gen am Mor­gen, Mit­tag und Abend zum Gebet auf. Das Läu­ten der Kir­chen­glo­cken am fer­nen Ufer for­dert das Paar mit dem Kind in der Bar­ke zum Inne­hal­ten und zum andäch­ti­gen Gebet auf. Durch das Gebet unter frei­em Him­mel wird die gan­ze Umge­bung zum Andachts­raum. Die idyl­li­sche Sze­ne, die vom leuch­ten­den Strah­len­kranz der auf­ge­hen­den Son­ne über­wölbt ist, beschwört eine zutiefst fried­li­che Stimmung.

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Mit­tag in den Alpen, 1891
Öl auf Lein­wand, 78 x 71.5 cm
Depo­si­tum der Otto Fisch­ba­cher Gio­van­ni Segan­ti­ni Stiftung

Das gleis­sen­de Licht der Son­ne, die am Mit­tag auf dem höchs­ten Punkt steht, lässt die Land­schaft flim­mern. Im strah­lend­blau­en Him­mel wie­gen sich zwei Vögel im Wind, was dem Bild den ursprüng­li­chen Titel “Win­di­ger Tag” gab. Die blas­se Sichel des Mon­des ver­weist auf die Nacht. Die Gestalt der jun­gen Schaf­hir­tin bil­det den ver­ti­ka­len Gegen­pol zur waag­recht geschich­te­ten Land­schaft. Die Land­schaft erscheint als Aus­schnitt eines weit umfas­sen­de­ren Raums: Ein Pan­ora­ma, in des­sen Mit­te als Zen­trum die Figur auf­ragt. Der Blick der Hir­tin geht ins Rund des Pro­spek­tes und öff­net dadurch dem Betrach­ter den Blick für das Ganze.

Das Alpentri­pty­chon, 1898
Koh­le und Con­té-Stift auf Papier,

137 x 108 cm (äus­se­re Tei­le), 137 x 127 cm (Mit­tel­teil)
Depo­si­tum der Stif­tung für Kunst, Kul­tur und Geschich­te, Winterthur

Für die Pari­ser Welt­aus­stel­lung von 1900 ent­warf Gio­van­ni Segan­ti­ni das Pro­jekt eines rie­si­gen Enga­din-Pan­ora­mas: Ein gigan­ti­sches Rund­bild mit der Land­schaft von der Ber­ni­na bis zur Albu­la. Das Pro­jekt schei­ter­te an den hohen Kos­ten. Schliess­lich ent­stand das soge­nann­te Alpentri­pty­chon, das drei Grund­the­men mensch­li­chen Daseins ent­spricht: Leben, Natur, Tod. Mit dem monu­men­ta­len Tri­pty­chon schuf Gio­van­ni Segan­ti­ni am Ende des 19. Jahr­hun­derts eines der letz­ten sinn­stif­ten­den Pro­gramm­bil­der der Epo­che. Es zeigt das Bild mensch­li­cher Exis­tenz in har­mo­ni­schem Ein­klang mit der Natur. Die bäu­er­li­chen Akteu­re sind ein­ge­bet­tet in den Wech­sel von Tag und Nacht, in den Zyklus der Jah­res­zei­ten, in die Angel­punk­te zwi­schen Geburt und Tod. Das gross­ar­ti­ge Pan­ora­ma der Alpen­land­schaft eröff­net eine pan­the­is­ti­sche Visi­on von ein­ma­li­ger bild­ne­ri­scher Kraft und tiefs­tem Symbolgehalt.

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Wer­den (La vita), 1896–1899
Öl auf Lein­wand, 192.5 x 321.5 cm
Depo­si­tum der Gott­fried Keller-Stiftung

Die Land­schaft zeigt den Blick von Soglio auf die gegen­über­lie­gen­de Tal­sei­te mit der Scio­ra­grup­pe und dem Bond­asca­g­let­scher. Die letz­ten Strah­len der Abend­son­ne fal­len auf die Gip­fel. Der Vor­der­grund liegt schon ganz im Schat­ten, und im Tüm­pel in der Bild­mit­te spie­gelt sich bereits der Mond. Am Fus­se eines mäch­ti­gen Bau­mes und über offen geleg­tem Wur­zel­werk sitzt eine Frau mit ihrem Kind, in der Mit­te treibt ein Hir­te mit Stock­schlä­gen ein Kalb der Her­de zu, und rechts nähern sich auf einem Plat­ten­weg zwei Frau­en mit ihren Kin­dern, die sie in Wie­gen auf dem Rücken tra­gen. Nach den Wor­ten des Künst­lers stellt die Sze­ne «das Leben aller Din­ge dar, die ihre Wur­zeln in der Erde haben».

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Sein (La natu­ra), 1897–1899
Öl auf Lein­wand, 236 x 402.5 cm

Depo­si­tum der Gott­fried Keller-Stiftung

Der tie­fe, eben­mäs­si­ge Hori­zont teilt Erde und Him­mel. Die hin­ter den Ber­gen unter­ge­gan­ge­ne Son­ne ver­klärt mit ihrem letz­ten Licht und dem rie­si­gen Strah­len­kranz den wei­ten Him­mel. Geschil­dert wird das stil­le, fried­li­che Gesche­hen eines bald voll­brach­ten Tage­werks. Im Vor­der­grund trei­ben Bau­er und Bäue­rin Kühe und Kalb auf dem Alp­weg heim­wärts. Stand­ort des Malers ist der Schaf­berg hoch über Pon­tre­si­na. Der Blick geht auf den Kranz der Ber­ge und tief ins Tal zu den Seen und den Häu­sern von St. Moritz.

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Ver­ge­hen (La mor­te), 1896–1899
Öl auf Lein­wand, 192.5 x 321.5 cm
Depo­si­tum der Gott­fried Keller-Stiftung

Nach Segan­ti­ni stellt das Bild «den schein­ba­ren Tod aller Din­ge» dar. Die Todes­the­ma­tik geht mit der Jah­res­zeit par­al­lel. In der tief ver­schnei­ten Land­schaft von Malo­ja mit dem Blick gegen das Val Maroz im Ber­gell war­ten trau­ern­de Frau­en und ein Kind auf den in Tücher gewi­ckel­ten Leich­nam, der aus dem Haus getra­gen wird. Pferd und Schlit­ten ste­hen bereit, um die sterb­li­che Hül­le zum Fried­hof zu füh­ren. Die soeben auf­ge­gan­ge­ne Son­ne beleuch­tet ein fan­tas­ti­sches, geheim­nis­voll visio­nä­res Wol­ken­ge­bil­de, das auf die Wie­der­kehr allen Lebens hindeutet.